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SiriNakamo

Eine alte Geschichte

Danuk Temohin legt seine kleine Rassel in den Beutel zurück.
Der grosse P'tuhano hat sich erhoben und berührt mit sanften, warmen Fingern das kleine Tipidorf an der Flussbiegung.

Danuk Temohin ist zufrieden, denn der Morgengesang des gefiederten Volkes glättet die Wogen des Grams in seinem Herzen. Der freundliche neue Tag lässt das Leiden, das vergossene Blut und die Trauer über all die vielen Brüder und Schwestern, welche von den K'hia hinterhältig und ehrlos geraubt und getötet wurden, fast vergessen.
Der Stamm ist klein geworden und heute morgen wird sich Danuk Temohin mit den Aeltesten beraten, um sich mit anderen Stämmen gegen die K'hia zu verbünden.

Das Dorf erwacht zum Leben, das Ratsfeuer brennt und Danuk Temohin lächelt seiner schönen Siri Nakamo zu, die mit dem kleinen Wampiki vor dem Tipi steht.
Er geht über den Platz zum Ratsfeuer hinüber, wo schon einige der Ältesten warten.

Da fühlt er den Boden beben, bleibt stehen und hört das Hufgetrappel hinter sich. Sein Herz rast, sein Blick wird hart - schon wieder!
Er hat seinen Bogen im Tipi gelassen und nun ist es zu spät. Eine Horde K'hia auf Pferden prescht heran. Ihre Gewehre säen wieder den Tod.

Danuk Temohin sieht seine junge Frau noch immer vor dem Tipi stehen - sieht, wie sein kleiner Wampiki vom eisernen Tod aus einem K'hia–Gewehr zu Boden geschleudert wird.
Er rennt auf sein Tipi zu. Die Zeit verlangsamt sich und da hört er einen Schrei - sieht, wie seine Siri Nakamo hochgeschleudert wird, rotes Blut auf ihrem weissen Wildlederkleid, ihre langen, schwarzen Haare blutverklebt.
Obschon zu viele Schritte entfernt, sieht er die braunen Rehaugen seiner geliebten Frau ganz nah, sieht sie brechen und auch sein Herz bricht.

Aus seinem zerrissenen Herzen schäumt wilde Wut eines verwundeten Bären und er windet sich in Schmerz, Zorn und Ohnmacht, bis ein langer K'hia-Säbel durch seine linke Schulter in sein Herz schneidet und ihn erlöst.

Danuk Temohin löst sich von seinem fallenden Körper, doch seine Verzweiflung nimmt er mit sich. Rabe hatte ihn gewarnt und er hat nicht danach gehandelt - diese Schuld nimmt er ebenfalls mit.

Viele Leben wird er tragen daran, bis er all dies loslassen kann. Siri Nakamo ist nicht mehr, doch immer wieder wird sie zu ihm kommen - doch es wird nie mehr wieder sein wie damals.

Siri Nakamo wurde Danuk Temohin genommen und noch lange wird er nach ihr suchen.


Bär